Hundeschule Bissendorf
Foto: Jörn Martens

Themenfokus: Soziales Lernen vs. formelles Lernen, Alltagssituationen, emotionale Verbindung, Hinschauen statt bewerten, Individualität

Warum soziales Miteinander die Grundlage jeder Hundeerziehung sein sollte.

Wenn Menschen mit ihren Hunden ins Training kommen, geht es oft um Fragen wie:
„Wie bringe ich ihm bei, an der Leine zu laufen?“ oder „Was kann ich tun, wenn er andere Hunde anbellt?“

Aber bevor wir über Leine, Rückruf oder Sitz sprechen, frage ich: Wie sieht eure Beziehung aus?

Denn Erziehung ist für mich nicht in erster Linie Technik – sondern Verbindung.
Ein Hund, der sich gesehen, verstanden, sicher und wertgeschätzt fühlt, ist bereit, sich auf uns einzulassen. Nur dann kann Lernen wirklich gelingen – freiwillig, freudig und nachhaltig.

Alles andere ist oft nur kurzfristiges Funktionieren – häufig durch Druck, Kontrolle oder Bestechung.
Aber echte Verbindung? Die entsteht anders.

Soziales Lernen – Euer Alltag.

Unser Alltag mit Hund ist Erziehung – nicht das Sitz auf dem Hundeplatz oder der Rückruf auf der Wiese. Es sind die 100 kleinen Momente dazwischen:

  • Wie spreche ich meinen Hund an?
  • Wie reagiere ich, wenn er sich unsicher zeigt?
  • Wie viel Verantwortung trägt er – und wie viel nehme ich ihm ab?
  • Welche Regeln gibt es innerhalb unserer sozialen Gemeinschaft?
  • Was ist mir ganz persönlich wichtig im Zusammenleben mit meinem Hund?

Ich nenne das gerne soziales Lernen.

Denn genau wie in einer Familie geht es auch im Mensch-Hund-Team um feste Rahmen und Strukturen die Halt & Sicherheit geben.

Bei uns zu Hause gilt zum Beispiel: Wenn um 18 Uhr die Kirchenglocken läuten, ist es Zeit, heimzukommen. Kein Stress, kein Kontrollanruf. Mein Kind weiß:„Ich  darf draußen spielen – aber jemand wartet auf mich.“ Das schafft Sicherheit & Freiheit.

Genauso mit unseren Hunden: Wenn sie wissen, dass wir präsent, verlässlich und klar sind, müssen sie nicht ständig übernehmen. Dann dürfen sie entspannen, vertrauen – und lernen.

Soziales Miteinander vs. formelles Lernen

Ich unterscheide ganz bewusst zwischen zwei Bereichen:

  • Soziales Miteinander: Orientierung, Beziehung, Ruhe, Sicherheit, Vertrauen, gemeinsame Spaziergänge …
  • Formelles Lernen: Kommandos, Tricks, sportliche Übungen, Spezialisierungen …
Beides ist wichtig. Ohne Beziehung trägt Ausbildung nicht. Ich kann niemandem etwas beibringen, der innerlich auf Abstand geht, nicht zuhört – oder schlicht nicht versteht, dass er gemeint ist.

Beziehung ist der Rahmen, in dem Lernen überhaupt erst möglich wird.

Hinschauen statt bewerten – was braucht mein Hund gerade?

Um deinem Hund wirklich helfen zu können, musst du genau hinschauen.
Denn Verhalten ist immer Ausdruck eines inneren Zustands. Die Frage ist: Welcher?

  • Ist dein Hund ängstlich?
  • Zeigt er sich unsicher?
  • Oder ist er forsch, überdreht oder fordernd?
Zwei Hunde in der gleichen Situation benötigen nicht zwangsläufig dieselbe Reaktion.

Dem einen sage ich vielleicht:
„Hey, nimm dich mal ein bisschen zurück – der hat dir nichts getan.“

Dem anderen:
„Alles gut. Ich bin da. Wir schaffen das zusammen.“

Empathie ersetzt keine Regeln – aber sie macht sie verständlich.

Du bist ein wichtiger Teil des Ganzen

Was oft vergessen wird: Unsere Hunde spiegeln nicht nur unsere Kommandos – sondern auch unsere Stimmung, Energie und Haltung.

Deshalb hilft es, auch bei sich selbst hinzuschauen:

  • Wie fühle ich mich in bestimmten Situationen?
  • Wann bin ich ruhig, klar, präsent – und wann werde ich vielleicht überfordert oder hilflos?
  • Wie viel Verantwortung kann ich in diesem Moment tragen?

Du kannst nur umsetzen, woran du glaubst. Und dein Hund spürt, ob du meinst, was du sagst – oder ob du gerade selbst auf wackeligem Boden stehst.

Typgerecht arbeiten – nicht alles passt auf jeden.

Nicht jeder Hund braucht dasselbe. Frag dich:

  • Ist dein Hund unruhig? Dann braucht er vielleicht Klarheit, Struktur und die Fähigkeit zur Regulation.
  • Ist er zurückhaltend? Dann braucht er Sicherheit, sanften Zuspruch und eigene Erfolgserlebnisse.
  • Ist er eher wild und forsch? Dann darfst du lernen, diese Energie in gute Bahnen zu lenken – ohne sie komplett zu bremsen.

Individuelles Verstehen statt standardisiertem Erziehen.
So entsteht echte Partnerschaft.

Ausblick auf Teil 2

Im nächsten Teil schauen wir uns zwei spannende Prinzipien an, die in vielen Alltagssituationen helfen, Beziehung und Kooperation zu stärken:

  • Reaktanz – warum Druck fast immer Gegendruck erzeugt.
  • Premack-Prinzip – wie echte Motivation funktioniert.

Beide helfen dabei, Konflikte zu entschärfen – und den Weg freizumachen für eine Freiwilligkeit, die aus Vertrauen entsteht.

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